Das OLG Naunburg (Urteil vom 20.01.2006 – Az.: 10 U 40/05 Hs) hatte sich mit der Werbung einer Versandapotheke zu befassen.

Beworben wurde dort u.a. das Mittel Glukokine, dass als „Nahrungsergänzungsmittel“ gekennzeichnet wurde, dabei jedoch unter Hinweis auf dessen zuckerstoffwechselfördernde Wirkung beworben wurde.

Das OLG Naunburg sah in der Bewerbung dieses Produktes einen wettbewerbswidrigen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nummer 11 UWG, da die Werbung einen Verstoß gegen § 3a HWG wegen fehlender arzneimittelrechtlicher Zulassung des Mittels enthalte und ferner auch nicht die in § 4 Abs. 1, Abs. 3 HWG für Arzneimittel vorgeschriebenen Pflichtangabe beinhalte.

Wörtlich führte das Gericht aus:

„Ein Arzneimittel ist entsprechend den vorstehenden Grundsätzen nicht nur dann als solches bezeichnet, wenn es ausdrücklich, gegebenenfalls durch das Etikett oder den Beipackzettel, als solches benannt wird. Vielmehr fallen unter diese Alternative auch die Mittel, die aus anderen Gründen bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher lediglich schlüssig, aber mit Gewissheit den Eindruck entstehen lassen, dass dieses Erzeugnis ein Arzneimittel ist. Dabei kann insbesondere die Aufmachung ein wichtiges Indiz für die Absicht des Verkäufers oder Herstellers darstellen, dass das Produkt als Arzneimittel auf den Markt gebracht werden soll. Die Aufmachung des Produkts, die sich in dem streitgegenständlichen Katalog befindet, weist bereits deutlich auf ein Arzneimittel hin, denn es geht um eine Tablettenverpackung. Ungeachtet dessen liegt aber die zweite Alternative des Arzneimittelbegriffs des Europäischen Gerichtshofs vor, denn die Verfügungsbeklagte hat ganz klar auf Auswirkungen auf die Körperfunktionen abgestellt und damit Glukokine als Mittel zur Verbesserung des Zuckerstoffwechsels dargestellt. ”

Und weiter:

„Der Einordnung des Mittels Glukokine als Arzneimittel steht auch nicht entgegen, dass es sein Hersteller als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet hat, denn – wie ausgeführt – ist dies für die Einordnung eines Mittels als Arzneimittel unbeachtlich. Es mag sein, dass die Bittermelone, deren Konzentrat der einzige Wirkstoff von Glukokine ist, ein Gemüse mit zahlreichen Mineralstoffen und Vitaminen, insbesondere mit viel Eisen und Vitamin C ist. Diese Inhaltsstoffe werden aber von dem durchschnittlich informierten Verbraucher jedenfalls anhand der Packungsaufmachung in keiner Weise wahrgenommen, weil der Hersteller auf diese auch in keiner Weise abstellt. Insofern wird auf die Anlage A 35 im Anlagenband Bezug genommen. Der Anwendungsbereich wird von dem Hersteller Sandoz nicht mit der Eisen- und Vitamin C-Zufuhr im Sinne einer Nahrungsergänzung beschrieben, sondern mit dem positiven Effekt auf den Zuckerstoffwechsel, also zweifelsfrei mit einer pharmakologischen Wirkung. Ob das Mittel Glukokine diese pharmakologische Wirkung tatsächlich auf den menschlichen Organismus entfalten kann, ist für die Entscheidung des hiesigen Verfahrens unerheblich, denn es kommt entsprechend den obigen Ausführungen darauf an, ob der durchschnittliche Verbraucher aus den ihm zur Verfügung stehenden Informationen zu Glukokine diese pharmakologische Wirkung entnehmen kann. Letzteres ist – wie ausgeführt – zweifelsfrei der Fall. Nur ergänzend sei noch erwähnt, dass auch der Packungshinweis: „Offizieller Förderer Deutscher Diabetikerbund“ darauf hindeutet, dass Glukokine dazu dienen soll, die derzeitige Volkskrankheit Nr. 1 in Deutschland zu behandeln und den Blutzuckerspiegel insbesondere von Diabetikern zu senken. Einen anderen Grund, Glukokine einzunehmen, als den Blutzuckerspiegel zu senken, ist den zur Verfügung stehenden Informationen jedenfalls nicht zu entnehmen. Anhaltspunkte dafür, dass ein Verbraucher, der nicht Diabetiker ist, sich veranlasst sehen könnte, Glukokine zu sich zu nehmen, sind nicht ersichtlich und von der Verfügungsbeklagten dargelegt worden. „