Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. (Beschluss vom 21.01.2016, AZ: 6 W 7/16) hat festgestellt dass das Vertriebssystem von QN Europe (Eurasia Sales & Marketing Ltd.), nicht gegen das Verbot der progressiven Kundenwerbung gem. § 16 Abs. 2 UWG verstößt.
Ein Verband hatte das Unternehmen mit diesem Vorwurf angegriffen, und, nach einer entsprechenden Abmahnung, beim Landgericht Frankfurt a.M. eine Einstweilige Verfügung beantragt. QN Europe hatte vorsorglich durch die sie vertretene Kanzlei Schulenberg & Schenk eine Schutzschrift beim Gericht hinterlegt, in der das Vertriebssystem ausführlich erklärt wurde. Das Landgericht wies daraufhin den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung ab (Beschluss vom 18.12.2015, AZ 2-03 O 481/15), und führte in seinem Beschluss als Begründung aus:
„Die Abgrenzung zwischen zulässigem Multi-Level-Marketing (Strukturvertrieb) und unzulässiger progressiver Kundenwerbung ist demnach nur durch eine Gesamtbetrachtung des Vergütungssystems möglich. Es kommt darauf an, ob dessen Ausgestaltung in erster Linie dem Waren(ab)verkauf dient, oder ob es typischerweise („nach Art dieser Werbung“) darauf zielt, neue Teilnehmer in die Absatzstruktur einzubinden. Letzteres ist dann der Fall, wenn dem Teilnehmer durch das Vergütungssystem besondere Vorteile versprochen werden, die nach ihrer Beeinflussungswirkung geeignet sind, die typische Dynamik eines Systems der sog. progressiven Kundenwerbung in Gang zu setzen. Aufgrund dieser vorzunehmenden Gesamtbetrachtung gelangt die Kammer nicht zu dem Ergebnis, dass das Vertriebssystem der Antragsgegnerin sich als unzulässiges System der progressiven Kundenwerbung darstellt.“
Ausschlaggebend für das Gericht war, dass die Vertriebspartner den Absatz von Waren vermitteln, ohne selbst verpflichtet zu sein, selbst Waren abzunehmen oder einen finanziellen Aufwand zu tätigen. Wichtig war dem Gericht weiter, dass keine Provisionen für das Anwerben neuer Vertriebspartner an sich gewährt werden, sondern nur der Produktumsatz der angeworbenen Vertriebspartner verprovisioniert wird. Hervorgehoben wurde auch, dass den Vertriebspartnern ein Rückgaberecht zusteht.
Der Verband legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein, so dass das OLG zu entscheiden hatte. Dieses bestätigte die Entscheidung des Landgerichts ausdrücklich und wies die Beschwerde ab.
Der Beschluss ist rechtskräftig.
Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig es für jedes MLM-Unternehmen ist, sich vor einem Vertriebsstart rechtlich sauber aufzustellen, qualitative Produkte anzubieten, und für ein entsprechendes Endkundengeschäft zu sorgen. Angriffe drohen nicht nur von Wettbewerbern oder der Staatanwaltschaft, sondern neuerdings offenbar auch von den Verbänden, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, für die Einhaltung der Regeln des Wettbewerbs zu sorgen.