Ein Internet-Versandhandel für Bekleidungsgegenstände, der einen Jahresumsatz von mindestens 150.000,- € erzielt, hat seit dem Frühjahr etwa 200 Abmahnungen wegen verschiedener Verstöße etwa gegen das Widerrufsrecht ausgesprochen. In etwa 80 dieser Fälle hat das Unternehmen den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt.

In einem kürzlich durch das OLG Frankfurt a.M. (Urteil. vom 14.12.2006 – Az.: 6 U 129/06) entschiedenen Fall wegen eines Verstoßes u.a. gegen das Widerrufsrechts wendete ein abgemahntes Unternehmen ein, dass das Internet-Unternehmen sich rechtsmissbräuchlich verhalte und in unzulässiger Weise massenhaft abmahne.

Dem sind die Frankfurter Richter nicht gefolgt und führten zur Begründung ihrer Entscheidung wörtlich aus:

„Zunächst spricht gegen die Antragstellerin nicht von vornherein, dass sie sich überhaupt zu einer Abmahnaktion gegen die Verletzung von Informationspflichten im Fernabsatzhandel mit Bekleidungsgegenständen entschlossen haben will. Es handelt sich – wie die Vielzahl der Abmahnungen zeigt – um einen verbreiteten Missstand, der dem Verbraucherschutz zuwiderläuft. Wenn daher ein – auch wirtschaftlich unbedeutendes – Unternehmen, das die gesetzlichen Vorgaben beachtet, seine Mitbewerber ebenfalls zur Einhaltung dieser Bestimmungen zwingen möchte, ist dies an sich ohne weiteres nachvollziehbar und nicht zu missbilligen. Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass die Beachtung der Belehrungspflichten insbesondere über das Widerrufsrecht wegen der damit erfahrungsgemäß oft verbundenen Ausübung dieses Rechts zu betriebswirtschaftlichen Kosten führt, die sich der Konkurrent, der diese Vorgaben missachtet, erspart. Dann erscheint es im Hinblick auf die regional nicht begrenzte Wettbewerbssituation im Fernabsatzhandel auch konsequent, nicht nur gegen einige wenige, sondern gegen alle Mitbewerber und deren – im Internet unschwer auffindbaren – Wettbewerbsverstöße vorzugehen.

Ebenfalls kein taugliches Indiz für ein kollusives Zusammenwirken zwischen der Antragstellerin und ihrem Prozessbevollmächtigtem im oben dargestellten Sinn ist die Tatsache, dass sich die vom Antragstellervertreter in den Abmahnungen zunächst zugrunde gelegten Gegenstandswerte bei einer Ãœberprüfung durch den Senat als deutlich überhöht erwiesen haben. Denn auch der anfangs vom Antragstellervertreter angenommene Streitwert von 25.000,- € lag nicht völlig außerhalb des Rahmens, der bei durchschnittlichen Wettbewerbsstreitigkeiten üblich ist; er ist auch von den angerufenen Kammern des Landgerichts zunächst anregungsgemäß festgesetzt worden. Das Ausmaß der vom Senat vorgenommenen Herabsetzung des Streitwerts (vgl. dazu Beschluss vom 18.8.2006 – 6 W 156/06: 5.000,- €) beruhte vielmehr auf den besonderen Umständen der vorliegenden Fallkonstellation, die für den Antragstellervertreter nicht unbedingt vorhersehbar waren.“

Und weiter:

„… Auf der anderen Seite könnte es auch nicht als Indiz für eine Missbrauchsabsicht angesehen werden, wenn der Antragstellervertreter das ihm angetragene Mandat nicht zuletzt deshalb übernommen hat, weil er sich hierdurch eine lohnende Einnahmequelle verschaffen konnte. Dies ist im Hinblick auf die Regelung des § 8 IV UWG so lange nicht zu beanstanden, wie die Geltendmachung des wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs allein von der Entscheidung des Mandanten abhängt.“