Neues Vertriebskartellrecht betrifft Online- & MLM-Unternehmen

Auf europäischer Ebene trat im Mai 2022 die Verordnung (EU) 2022/720 in Kraft, welche gemeinhin Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung (Vertikal-GVO) genannt wird. Hierdurch werden vertikale Vereinbarungen zwischen Unternehmen grundsätzlich erlaubt. Es gibt jedoch auch neue Regelungen, die nun explizit verboten sind. Am 1. Juni 2023 endet die relevante Übergangsfrist, sodass die neuen Verbote für sämtliche Verträge gelten. Das neue Vertriebskartellrecht betrifft also viele Online- & MLM-Unternehmen (MLM = Multi-Level-Marketing).

Was ist die Vertikal-GVO?

Die EU-Kommission hat am 10. Mai 2022 ihre Vertikal-GVO erlassen. Im Unterschied zu EU-Richtlinien, welche von den Mitgliedstaaten selbst in nationales Recht umgesetzt werden müssen, gelten Rechtsverordnungen unmittelbar. Die Vertikal-GVO ist also vom Zeitpunkt ihres Erlasses an für alle Mitgliedstaaten verbindlich.

Gekoppelt ist sie an Art. 101 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Hiernach sind bestimmte Vereinbarungen zwischen Unternehmen rechtswidrig, es können dann empfindliche Bußgelder drohen. Nach Art. 101 Abs. 3 AEUV kann die Kommission hiervon jedoch bestimmte Vereinbarungen oder Gruppen ausnehmen – diese sind dann also erlaubt.

Mit der neuen Vertikal-GVO macht die Kommission von genau diesem Recht Gebrauch. Art. 2 Abs. 1 der Verordnung legt fest, dass vertikale Vereinbarungen freigestellt sind, soweit sie vertikale Beschränkungen enthalten.

Vereinbarung, vertikal und Beschränkung: Wichtige Definitionen

Art. 1 Abs. 1 lit. a Vertikal-GVO definiert: „Vertikale Vereinbarung“ ist eine Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise zwischen zwei oder mehr Unternehmen, die für die Zwecke der Vereinbarung oder der abgestimmten Verhaltensweise jeweils auf einer anderen Stufe der Produktions- oder Vertriebskette tätig sind und die die Bedingungen betrifft, zu denen die beteiligten Unternehmen Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen dürfen.

Und in Art. 1 Abs. 1 lit. b Vertikal-GVO heißt es: „Vertikale Beschränkung“ ist eine Wettbewerbsbeschränkung in einer vertikalen Vereinbarung, die unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fällt.

Gekoppelt mit dem bereits erwähnten Art. 2 Abs. 1 Vertikal-GVO bedeutet dies, dass Vereinbarungen, die von diesen Definitionen erfasst sind, grundsätzlich freigestellt werden, obwohl sie eigentlich wettbewerbsbeschränkend wären. Diese Anforderung kann schnell erfüllt sein – im Anschluss ist jedoch zu prüfen, ob bestimmte Ausnahmen von der Freistellung eingreifen.

Gefahr für den Online-Vertrieb

Die Vertikal-GVO stellt aber nicht jede vertikale Vereinbarung frei. Sie zählt bestimmte Vereinbarungen auf, die explizit verboten werden. Und einige davon betreffen Unternehmen, welche im Online-Vertrieb und MLM-Marketing tätig sind.

So zählt Art. 4 Vertikal-GVO bestimmte „Kernbeschränkungen“ auf, die verboten sind. Eine davon ist die Verhinderung der wirksamen Nutzung des Internets zum Verkauf der Vertragswaren oder -dienstleistungen durch den Abnehmer oder seine Kunden. Man darf auch nicht vereinbaren, dass Produkte nur in einem physischen Laden vertrieben werden dürfen. Oder dass Suchmaschinen, Preisvergleichsportale oder der eigene Online-Shop nicht benutzt werden dürfen. Aber es gibt unter gewissen Voraussetzungen, die Möglichkeiten gewissen Beschränkungen doch vertraglich zu gestalten.

Insbesondere sind aber nicht alle Einschränkungen des Online-Vertriebs direkt verboten. So sind Beschränkungen der Online-Werbung, die nicht darauf abzielen, die Nutzung eines ganzen Online-Werbekanals zu verhindern, weiterhin erlaubt.

Daher sind die Network Marketing Unternehmen gut beraten, ihre Vertriebspartnerverträge und AGB prüfen und überabreiten zu lassen. Dies gilt umso mehr, als die tägliche anwaltliche Praxis bei SBS Legal immer wieder aufzeigt, dass sehr viele MLM Unternehmen unzulässige und damit kartellrechtswidrige Klausel verwenden, ohne dass sie dies wissen. Ergänzend anzumerken ist, dass häufig auch in den Wettbewerbsverbotsklauseln und Tätigkeitspflichtklauseln Gesetzesverstöße auffallen, die sich nachteilig für diese Unternehmen der der Direktvertriebsbranche auswirken können.

Übergangsbestimmung ist bereits beendet

Die Vertikal-GVO trat am 1. Juni 2022 in Kraft. Vorher galt noch die VO Nr. 330/2010, also eine andere EU-Verordnung. Die Regelungsbereiche der beiden Verordnungen sind nicht deckungsgleich, es können also Vereinbarungen vorher freigestellt worden sein, die aber von der neuen Vertikal-GVO nicht mehr gedeckt sind.

Um den Übergang nicht zu scharf für alle Unternehmen zu gestalten, hat die Kommission daher mit Art. 10 Vertikal-GVO eine Übergangsbestimmung festgelegt. Bis zum 31.5.2023 verstießen solche Vereinbarungen noch nicht gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV, die vorher vom Bereich der VO Nr. 330/2010 gedeckt waren.

Seit dem 1. Juni 2023 gilt diese Übergangsbestimmung also nicht mehr. Dann stellt alles, was von dem Freistellungsbereich der Vertikal-GVO ausgeschlossen ist, eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung nach Art. 101 Abs. 1 AEUV dar. Es können hohe Bußgelder und teure Verfahren drohen, die unbedingt vermieden werden müssen.

Anpassung der Verträge – Auch für kleinere Unternehmen

Kartellrechtliche Verfahren mit Bußgeldern in Millionenhöhe erwecken manchmal den Eindruck, dass nur große Unternehmen hiervon betroffen sein können. Dies ist jedoch besonders bei der Vertikal-GVO nicht der Fall.

Denn vertikale Vereinbarungen, meist zwischen Herstellern und Lieferanten, können Kernbeschränkungen darstellen – unabhängig von der Größe der Unternehmen. Zwar gibt es in Art. 3 Abs. 1 Vertikal-GVO eine Marktanteilsschwelle. Das bedeutet aber nicht, dass kleinere Unternehmen immer freigestellt wären, nur weil sie die Schwelle nicht erreichen.

SBS LEGAL empfiehlt Ihnen daher, in jedem Fall Ihre Verträge noch einmal zu überprüfen. Dies gilt umso mehr, als die Übergangsfrist nun ausgelaufen ist. Daher sollten alle MLM Unternehmen eine rechtliche Prüfung, auch von den Vereinbarungen, welche vor dem 31. Mai 2022 in Kraft getreten sind, in die Wege leiten. Solche Klauseln, die das neue Vertriebskartellrecht betreffen und somit auch Online-Unternehmen und Vertriebler einschränken, sollten vorab geprüft werden.

Ansonsten drohen Geldbußen

Zur Durchsetzung der kartellrechtlichen Vorschriften bedient sich die EU-Kommission Geldbußen. Dies ist in Art. 103 AEUV geregelt. Sie sollen Unternehmen sowohl bestrafen als auch vor weiteren Verstößen abschrecken.

Die Höhe der Geldbuße richtet sich danach, welchen Jahresumsatz ein Unternehmen durch die Zuwiderhandlung erwirtschaftet hat. Hierbei kann ein Betrag von bis zu 30% des Wertes festgelegt werden. Dabei darf sie 10% des Gesamtumsatzes des Unternehmens jedoch nicht übersteigen. In welche Höhe genau die Buße liegt, hängt von einer Vielzahl genauerer Faktoren im Einzelfall ab. 

Wirkungsaussagen zu Bemer-Gerät vom LG Hamburg verboten

Aussagen zu Elektromagnetfeld-Applikatoren verstoßen teils gegen das Heilmittelwerbegesetz

Das Direktvertriebsunternehmen Bemer International AG mit Sitz in Liechtenstein vertreibt über Vertriebspartner unter anderem PEMF-Elektromagnetfeld-Applikatoren. Dabei haben Vertriebspartner zur Bewerbung Aussagen verwendet, die dem Gerät eine heilende Wirkungen zuschrieben. Derartige Aussagen wurden zum Teil auch von der Bemer International AG selbst getätigt.

Ein mit der Bemer International AG im Wettbewerb stehendes Unternehmen ist nun dagegen vorgegangen und hat eine Einstweilige Verfügung erwirkt (Landgericht Hamburg, Beschluss vom 31.01.2023, Az.: 406 HKO 7/23) . Damit ist es der Bemer International AG verboten, selbst oder über ihre Vertriebspartner insgesamt sieben Aussagen zu dem Gerät zu tätigen. Nach Ansicht des Gerichts verstoßen die Aussagen gegen § 3 Nr. 1 Heilmittelwerbegesetz, da sie irreführend sind, weil sie eine therapeutische Wirksamkeit bzw. Wirkung vorgeben, die das Gerät aber nicht hat. Die Wirkungsaussagen zum Bemer-Gerät wurden vom LG Hamburg somit verboten.

Der Beschluss reiht sich ein in eine Reihe anderer Urteile gegen die Bemer International AG, die ihr ebenfalls bestimmte Aussagen zu dem Gerät untersagt haben.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Die Bemer International AG hat die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen.


English version

Statements of effect regarding Bemer device prohibited by Hamburg Regional Court (Landgericht Hamburg)

The direct marketing company Bemer International AG, based in Liechtenstein, distributes among other things PEMF electromagnetic field applicators through distribution partners. In this regard, distribution partners made promotional statements attributing curative effects to the device. Such statements were also made to some extent by Bemer International AG itself.

A company competing with Bemer International AG has now taken action against this and obtained an interlocutory injunction (Hamburg Regional Court, decision dated January 31, 2023, case no.: 406 HKO 7/23). This prohibits Bemer International AG from making a total of seven statements about the device, either directly or through its distribution partners. In the opinion of the court, the statements violate Section 3 (1) of the German Drug Advertising Act (Heilmittelwerbegesetz), as they are misleading because they claim a therapeutic efficacy or effect, which the device does not have.

The decision follows a series of other rulings against Bemer International AG, which have likewise prohibited it from making certain statements about the device.

The decision is not final. Bemer International AG may file an appeal.


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Neues zum MLM-Recht aus den USA

MLMs könnten zukünftig von der Business Oppurtunity Rule eingeschlossen werden

Wenn man in den USA jemanden für eine Geschäftsmöglichkeit gewinnen will, muss man die Business Oppurtunity Rule einhalten. Diese Regelung wurde vor etwa 10 Jahren von der Federal Trade Commission (FTC) etabliert und soll Personen davor schützen in fragwürdige Geschäfte zu investieren. Im Klartext: Die Business Opportunity Rule soll Werber dazu zwingen ihre immensen Einkommensversprechungen auch zu beweisen.

Dafür wird von ihnen verlangt, eine Vielzahl ihrer Informationen offenzulegen:  Welche rechtlichen Schritte bereits gegen sie eingeleitet wurden und wie das Rückgaberecht bzw. die Stornierungsbedingungen aussehen. Zudem müssen mindestens 10 Personen genannt werden, die zuletzt in das Geschäft investiert haben. All diese Angaben sind 7 Tage, bevor die nächste rekrutierte Person etwas unterschreibt oder selbst Geld investiert, darzulegen.

Ein entscheidendes Geschäftsmodell hat die FDA jedoch damals von der Business Opportunity Rule ausgenommen:  Multi-Level-Marketing (MLM). Ganz zum Protest einiger MLM Kritiker. Doch diese scheinen bald Gehör zu finden: So hat die FTC im Juni angekündigt, dass die Business Opportunity Rule im Rahmen ihres 10-jährigen Prüfungsverfahrens erneut kontrolliert werden solle und eine große Chance bestehe, dass MLMs dieses Mal von der Regelung eingeschlossen werden. Denn erst Anfang des Jahres hat der FTC Kommissar Rohit Chopra gefordert, dass die Business Opportunity Rule sowohl Gig-Economy-Plattformen, als auch MLMs betreffen solle. Womit sicher ist, dass er gemeinsam mit anderen Kommissaren, wie dem MLM kritischen Republikaner Noah Phillips, den Fall genauer unter die Lupe nehmen wird. Dies könnte zu einer desaströsen Dezimierung von MLMs führen.

Denn selbst wenn die FTC die Business Opportunity Rule nicht ändert oder der Prozess Monate bzw. Jahre in Anspruch nehmen wird, könnte diese Entwicklung dazu führen, dass MLMs zukünftig stärker reguliert werden.

Die Entwicklung der Business Opportunity Rule

Die Business Opportunity Rule, die erstmals 2006 vorgeschlagen worden war und schließlich in 2011 finalisiert wurde, soll die Verbraucher vor betrügerischen Geschäftsmöglichkeiten schützen indem festgelegt ist, wann und was den potentiellen Rekruten mitgeteilt wird.

Als die Regelung erstmalig besprochen wurde, tat die MLM Industrie alles daran, dass sie nicht von ihr eingeschlossen werden würde. Und sie war erfolgreich: Die FTC beschloss sie von der Regelung auszuschließen, da es für die MLM eine weitaus stärkere Belastung darstelle und nicht im Verhältnis zu dem Nutzen für den Verbraucher stehe. Ein FTC Mitarbeiter sagte aus, dass man MLMs nicht pauschal als Pyramidensysteme verteufeln dürfe, sondern man vielmehr von Fall zu Fall entscheiden müsse. Zudem reichten die Aufzeichnungen über MLMs nicht aus, um als Grundlage herzuhalten, die MLMs offenzulegen und damit Verbraucher besser zu schützen. Von Kritikern wurde die damalige Entscheidung der FTC dennoch angezweifelt. Diese hoffen nun auf eine neue Entscheidung ihrerseits. Denn es ist zu erwarten, dass die FTC dieses Mal auch verstärkt von der anti-MLM Community zu hören bekommen wird.

Wie lange wird der Regelsetzungsprozess andauern?

Die FTC hält sich über ihren Regelsetzungsprozess sehr bedeckt. Sie werden die Änderung der Regelung höchstwahrscheinlich Anfang Dezember in Angriff nehmen. Doch auch dann wird der Prozess einige Zeit in Anspruch nehmen. So muss die FTC öffentliche Kommentare einholen, Mitteilungen an die Gesetzgeber senden und Argumente zur Änderung vorbringen. Es ist ein langwieriger und mühsamer Prozess.

Der CEO und Präsident der Direct Selling Association (DSA), Joseph Marino, sagte jedoch schon von Vornherein aus, dass sich die Organisation bereits auf eine Zusammenarbeit mit der FTC hinsichtlich aller Regelungen, die für Direktverkäufer Anwendung finden, freue. Die DSA setze sich nämlich seit langer Zeit für den Verbraucherschutz ein und fördere die Selbstregulierung, um die staatliche Regulierung zu ergänzen. Marino verwies auch auf den Selbstregulierungsrat und den Ethikkodex der DSA, der von den Mitgliedsunternehmen und den Verkäufern eingehalten werden muss.

Haben Sie weitere Fragen zum Thema Vertriebsrecht oder benötigen Sie anwaltliche Unterstützung in einem entsprechenden rechtlichen Anliegen? Wir freuen uns jederzeit über Ihre Kontaktaufnahme.

Ihre Ansprechpartner für Vertriebsrecht, MLM-Recht und Wettbewerbsrecht finden Sie hier.

Fondsstandortgesetz – Ein Meilenstein für die Krypto-Welt

Kryptomärkte – Unsicheres Gebiet mangels klarer Rahmenbedingungen

Es ist zu erwarten, dass Bitcoin & Co. in Deutschland weiter in den Mainstream vorrücken dürften. Krypto-Märkte sind geprägt von einem regelrechten Wildwuchs an Projekten sowie Entwicklungen. Der Grund: Es fehlen gesetzlich klar definierte Rahmenbedingungen. Die Bedeutung der Krypto‑Industrie nimmt aber tagtäglich zu. Weltweit ist aufgrund dessen eine stark zunehmende Regulierung zu erkennen. Diese Regulierungen werden nicht immer positiv aufgefasst, stellen aber im Grunde positive Entwicklungen dar. Denn wenn Krypto‑Anbieter ordnungsgemäß geprüft und Krypto-Börsen sodann, liegt der Verdacht eines illegalen Vorgehens vor, auch geschlossen werden, verdeutlicht dies Transparenz. Hierdurch wird die Rechtssicherheit gesteigert.


Fondsstandortgesetz: Hintergrund und Gesetzgebungsverfahren

Besonders interessant im Hinblick auf die „Kryptoentwicklungen“ ist derzeit das Fondsstandortgesetz (FoStoG). Der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland (Fondsstandortgesetz – FoStoG) stammt aus der Feder der Bundesministerien Finanzen und Wirtschaft unter der Leitung von Olaf Scholz (SPD) und Peter Altmeier (CDU). Mit dem Fondsstandortgesetz wird eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 in nationales Recht umgesetzt. So soll der grenzüberschreitende Vertrieb von Investmentfonds durch einheitliche Regelungen vereinfacht werden.


Möglichkeit der Investition in Kryptowährungen – Positive Entwicklungen durch das Fondsstandortgesetz (FoStoG)

Positive Nachrichten in der Kryptowelt aus Deutschland: Zum 02.08.2021 trat das neue Fondstandortgesetz (FoStoG) in Kraft. Danach dürfen deutsche Spezialfonds, die von Banken, Versicherungen, Pensionskassen und Vermögensverwaltern genutzt werden, fortan bis zu 20 % ihrer Vermögenswerte in Kryptoassets, wie etwa Bitcoin, investieren. Künftig sind somit Kryptowerte für offene inländische Spezialfonds mit festen Anlagebedingungen in Höhe bis zu 20 % des Fondsvermögens erwerbbar.

Verdeutlicht wird hierdurch unter anderem, dass Kryptowährungen als wichtige Zukunftstechnologie in der Finanz‑ und Realwirtschaft angekommen sind. Für institutionelle Krypto‑Fonds werden in Deutschland somit die Tore geöffnet. Hierdurch wird der deutsche Finanzplatz international gestärkt. Die Aufnahme von Krypto-Assets in die Spezialfonds ist ein wichtiger Schritt für deren Akzeptanz und stärkt Deutschlands Position als Finanzinvestitions-Standort.

Einziger Haken: Hinsichtlich der geplanten Anlagen in Kryptowerte sollte geklärt werden, ob hierfür eine Erlaubniserweiterung durch die BaFin erforderlich ist. Es bleibt abzuwarten, ob durch die Regelungen der deutsche Finanzplatz tatsächlich umfassend gestärkt wurde.

Erhebliche Zunahme von Investitionen in den Kryptomarkt?

Noch verhält sich die Investmentbranche zögerlich. Zunächst muss schließlich eine Entscheidung fallen, welches Blockchain‑Thema sie künftig beschäftigen wird. Experten gehen aber davon aus, dass durch die neuen Regelungen großvolumige Investitionen in den Kryptomarkt freigesetzt werden könnten. Sollten die Spezialfonds die 20 %‑Grenze ausnutzen, würden hierdurch Hunderte Milliarden Euro zusätzlich in den Kryptomarkt fließen.

Zur Veranschaulichung: Deutsche Spezialfonds verwalten derzeit rund 2,1 Bio. USD. 20% hiervon sind etwa 400 Mrd. USD. Die gesamte Krypto-Marktkapitalisierung beläuft sich derzeit auf circa 1,55 Bio. USD.

Es ist zwar nicht zu erwarten, dass Spezialfonds (umgehend) in hohen Gewichtungen in Bitcoin oder ähnliche Kryptowährungen investieren werden. Die Zahlen zeigen aber, dass das Marktvolumen an den Kryptomärkten – nach wie vor – gigantisch ist. Die beiden wichtigsten Kryptowährungen (Bitcoin und Ethereum) vereinen derzeit rund 65 % des gesamten Cryptocoin‑Volumens. Die geschaffene Rechtssicherheit wird dazu führen, dass börsennotierte Unternehmen zunehmend in Kryptowährungen, insbesondere in den Bitcoin, investieren, um Unternehmensgelder gezielt zu veranlagen. Daneben ist zu erwarten, dass insbesondere Ethereum an Bedeutung gewinnen und in das Blickfeld institutioneller Investoren rücken wird. Zwar sind bis dato lediglich drei börsennotierte Unternehmen mit Ethereum‑Investments verzeichnet, siehe hierzu https://www.coingecko.com/en/public-companies-ethereum (im Vergleich: 26 börsennotierte Unternehmen halten derzeit Bitcoins, dazu https://www.coingecko.com/en/public-companies-bitcoin).

Haustür-Vertrieb: Wenn der Vertreter zweimal klingelt…

Haustür-Vertrieb: Wenn der Vertreter zweimal klingelt…

LG und KG Berlin entscheiden über einen Wettbewerbsverstoß

In seinem Urteil vom 18.12.2018 entschied das LG Berlin (16 O 49/18), dass ein unangekündigter Vertreterbesuch in der Privatwohnung eines Verbrauchers zur Unterbreitung eines Angebots eine unzumutbare Belästigung und damit einen Wettbewerbsverstoß darstelle. Über die Berufung entschied nun das KG Berlin 5. Zivilsenat (5 U 26/19) und korrigierte das vorhergehende Urteil. Wir geben Ihnen einen Überblick über die beiden Urteile und beantworten die Frage: Ist ein unangekündigter Haustürbesuch ein Wettbewerbsverstoß?

Wie sah der Haustürbesuch des Vertreters aus?

Ein Vertriebsmitarbeiter des beklagten Energieversorgungsunternehmens war unangekündigt in der Wohnung des Klägers aufgetaucht. Nach einem Gespräch mit dem Vertreter wechselte er zur Beklagten als Stromanbieter. Laut dem Kläger, habe der Vertriebsmitarbeiter behauptet von der Hausverwaltung als Stadtwerksmitarbeiter engagiert worden zu sein: Er sollte den Hausbewohnern das Angebot unterbreiten zu einem neuen Stromtarif zu wechseln. Der Kläger sah die Haustürwerbung, die ohne Zustimmung der aufgesuchten Person geschehe, als unzumutbare Belästigung gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) an. Im Gegensatz zu anderen Werbeformen wie der Telefonwerbung, wo man dem Gespräch durch einfaches Auflegen entgehen könne, sei dies bei der Haustürwerbung nicht der Fall.

Die Beklagte hielt dagegen, dass nach der BGH Rechtsprechung die Haustürwerbung als zulässig erachtet werde. Des Weiteren sehe sie in der Untersagung der Haustürwerbung einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit gemäß Artikel 12 Grundgesetz (GG).

LG Berlin: „Man kann dem Vertreter beim unangekündigten Haustürbesuch schlecht die Tür vor der Nase zuknallen!“

Das LG Berlin entschied, dass eine Werbemaßnahme belästigend sei, wenn der Werbende den Verbraucher dazu zwinge sich mit seinem Angebot auseinanderzusetzen und damit in seine Privatsphäre eingreife. Zudem müsse eine Interessenabwägung vollzogen werden, wo ebenfalls die Interessen der Werbedienstleister und der am Angebot interessierten Personen reinspielen. Abwägungskriterien wären die Eingriffsintensität in die Privatsphäre, ob ein schonendere Vorgehensweise möglich wäre, welche Ausweichmöglichkeiten der Verbraucher habe und die drohende Gefahr, dass sich solche Belästigungen von einem einzelnen Vorkommnis weiter steigern könnten. Anhand dieser Maßstäbe sei ein unangekündigter Haustürbesuch als belästigend einzustufen. Der Verbraucher müsste in jedem Fall seinen Tag unterbrechen, um den Vertreter an der Tür zu empfangen, was Personen mit körperlichen Behinderungen besonders schwer fiele. Das Abwimmeln über die Gegensprechanlage sei auch nicht bei jedem Haustyp möglich oder der Vertreter würde sich fälschlicherweise mit der Bezeichnung „Post“ Zutritt verschaffen. Wenn der Vertreter nun direkt vor der Haustür stehe und sein Anliegen dem Verbraucher kundtue, sei auch hier das Entziehen aus dem Gespräch schwierig.  Denn die meisten Verbraucher werden aus Gründen der Höflichkeit nicht einfach der Person die Tür vor der Nase zuknallen und so würden sie leicht in ein Gespräch verwickelt werden. Dies sei noch belästigender als die Telefonwerbung, wo der Verbraucher einfach auflegen könne, ohne der Person dabei ins Gesicht schauen zu müssen. Ein Entziehen durch das Anbringen eines Schildes sei auch nicht in jeder Mietwohnung möglich. Stattdessen könne das werbende Unternehmen vielmehr den Hausbesuch im Vornherein ankündigen. Dieser Eingriff in die Berufsfreiheit sei durch die Wahrung der Privatsphäre der Verbraucher vor der Belästigung und seinem Überrumpelungseffekt gerechtfertigt. Zudem könne man nicht mehr an den Entscheidungen des BGHs zur Thematik festhalten. Sie seien zu einem Zeitpunkt getroffen worden, als die Bevölkerung noch nicht wusste, wann ein Privatsphären Eingriff vorläge, was sich mittlerweile geändert habe.

KG Berlin: Eine unzumutbare Belästigung vom Vertreter sieht anders aus

Das KG Berlin korrigierte das Urteil des LG Berlin und  widersprach dem stattgegebenen Unterlassungsanspruch. Die Voraussetzungen aus § 7 Abs. 1 S. 1 UWG seien nicht erfüllt. Ein Haustürbesuch hänge nicht unbedingt von einer vorherigen Ankündigung, die nicht zwangsläufig  Vorteile für den Verbraucher, aber dafür immensen Aufwand von Seiten des werbenden Unternehmens bedeute, und der Einwilligung der Verbraucher ab. Das KG stimmt dem LG insoweit zwar zu, dass ein unangekündigter Haustürbesuch eine Belästigung nach § 7 Abs. 1 S. 1 UWG darstelle. Allerdings fehle es an der Unzumutbarkeit. Diese liege erst vor, wenn die Belästigung eine derartige Intensität erreiche, dass die meisten Verbraucher sie als unerträglich einstufen würden. Dies ist anhand einer Abwägung der entgegenstehenden Interessen zu ermitteln.

Auch europrechtliche Vorgaben, wie die  UGP-Richtlinie (2005/29/EG), lassen nicht darauf schließen, dass ein unangekündigter Haustürbesuch einen Wettbewerbsverstoß darstelle.

Der BGH hat einen unangekündigten Haustürbesuch ausdrücklich als zulässig eingestuft, da die traditionell zugelassenen gewerblichen Tätigkeiten zu schützen seien und jeder Verbraucher frei entscheiden könne, wen er in sein Haus ließe. Der Senat kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass ein Haustürbesuch selbst ohne Ankündigung zulässig sei und die Interessen der Verbraucher nicht diejenigen der werbenden Unternehmen übersteige. Dass Vertreter sich unangemeldet Zugang verschaffen, sei zudem kein typisches Verhalten.

Nach mehreren Entscheidungen in der Vergangenheit, hatte der BGH vor nicht allzu langer Zeit erneut über die Thematik entschieden (BGH Urt. v. 18.06.2014 – I ZR 242/12) und dabei nicht den Anschein gegeben in Zukunft von dieser Rechtsprechung abzurücken.

Bezüglich der Anzahl an Haustürbesuchen ist derzeit keine Veränderung zu sehen aus der man folgern sollte, dass der unangekündigte Haustürbesuch einen Verstoß des § 7 Abs. 1 S. 1 UWG bedeute. Daher ist keine Rechtserstarrung zu erwarten, die den BGH dazu veranlassen würde sich ein weiteres Mal mit der Frage zu beschäftigen.