von Administrator | Jan 7, 2024 | Allgemein
Online-Coaches wie Anton Kreil und Tai Lopez wurden als vermeintliche Betrüger in Foren und Artikeln online angeprangert. Online-Coaches müssen ihre Ansprüche auf Entlohnung vor Gericht geltend machen.
Die Zahlungsverweigerungen wurden unter anderem auf eine fehlende Zulassung der Anbieter, vermeintliche Sittenwidrigkeit des Geschäftes oder andere Anschuldigungen gestützt. Doch nun heißt es Coaches aufgepasst! Die Gerichte stärken Euch immer mehr den Rücken.
Gemeinsam setzen wir Euren Anspruch auf Entlohnung durch!
Wenn der Kunde die Zahlung verweigert: Wir prüfen Ihren Anspruch auf Entlohnung!
Nach dem erfolgten Vertragsabschluss wollen sich viele Kunden der Zahlungsverpflichtung ziehen und nehmen ausbleibende Erfolge zum Anlass, um Coaches an den Pranger zu stellen. Dabei wird oft mit Unwirksamkeit der Verträge aufgrund des FernUSG, mutmaßlichen Sittenwidrigkeiten und Wucher argumentiert. Doch so leicht ist ein Loslösen nicht möglich. Die Privatautonomie stärkt Coaches dabei den Rücken. Eine einseitige Enttäuschung über Leistungen ist grundsätzlich nicht Grund genug eine außerordentliche Kündigung oder gar um eine Unwirksamkeit der Verträge zu rechtfertigen.
Nach der Privatautonomie steht es den Parteien nämlich frei, Verträge abzuschließen, auch wenn sie vielleicht nicht perfekt für ihre Situation geeignet sind. Hieraus allein kann sich kein wichtiger Grund für eine Kündigung ergeben, so auch das Landgericht Frankfurt.
Ein Abschluss eines im Nachhinein als nicht hilfreich einzustufenden Vertrages unterliegt noch immer der Vertragsfreiheit und damit dem eigenen Risiko.
Zahlungen müssen daher grundsätzlich auch bei ausbleibendem Erfolg oder gar bei Nutzlosigkeit des Angebots erfolgen.
Anwendbarkeit des FernUSG – Entscheidung des OLG Celle wird widersprochen
Viele Unternehmen, die einen Vertrag mit Online-Coaches abgeschlossen haben, forderten eine Rückzahlung der vereinbarten Vergütung und beriefen sie sich unter anderem auf das Urteil des OLG Celle, welches das FernUSG auch im unternehmerischen Verkehr für Anwendbar hält. Demnach seien Verträge unwirksam, wenn der Coach über keine Zulassung nach dem FernUSG verfüge.
Das Landgericht Frankfurt (Urteil vom 15.09.2023) und das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 23.06.2023) widersprechen dieser Auffassung des OLG Celle gänzlich und sehen das FernUSG nur für Verbraucher anwendbar. Auch das OLG Köln sieht eine Anwendung des FernUSG in den Fällen nicht vor, in denen keine für die Anwendung des FernUSG erforderliche Lernerfolgskontrolle geschuldet sei, unabhängig von einer Anwendbarkeit im B2B-Verkehr.
Sittenwidrigkeitsvorwürfen bzgl. Coaching-Verträgen
Zwar räumen die Urteile die ersten Steine aus dem Weg, jedoch halten Kunden an der Unwirksamkeit der Verträge fest und berufen sich auf Sittenwidrigkeit. Ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sei ausreichend, um einen Zahlungsanspruch zu verkennen. Denn andere Angebote lägen weit unter dem Honorar von Online-Coaches. Dabei verkennen die Kunden jedoch, dass sich ein Coaching-Vertrag mit anderen Angeboten wie einem einfachen Vermarktungsworkshop nicht vergleichen lässt.
Das Landgericht Stade zog hier sogar den Vergleich zu einem Fernstudium und verkennt dabei völlig die fehlende individuelle Betreuung, die Life- und Businesscoachings ausmachen. Das Landgericht Frankfurt gab diesem zu Recht den Vortritt: „Solange es aber an dieser individuellen Komponente und einem „Coaching“ fehlt, können diese Angebote nicht miteinander verglichen werden. Insbesondere ist in den Leistungen (…) auch ein gewisser zeitlicher Einsatz der Mitarbeiter uns des Geschäftsführers vorhanden“ und verweist damit auf Support-Chats und 1:1 Betreuungen, die als wichtige und zentrale Ergänzung zu bereits fertigen Videos kommen.
Wucherähnliches Geschäft:
Ein wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und außerdem ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt.
Das LG Frankfurt hat in seinem Urteil bereits das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung verneint. Hierbei handelte es sich um einen Coachingvertrag mit einer Laufzeit von 12 Monaten und Kosten in Höhe von 18.000 Euro.
Vermeintliches Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung reicht nicht aus!
Es ist bereits zweifelhaft, ob ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt und hängt stark vom Einzelfall ab. Doch selbst wenn dies der Fall sein sollte, reicht dies nicht aus um einen Fall der Wucher i.S.v. § 138 Abs. 2 BGB zu bejahen. Hinzu zu einem groben Missverhältnis muss nämlich entweder eine ausgenutzte Zwangslage des Kunden vorliegen, eine erhebliche Unerfahrenheit, ein Mangel an Urteilsvermögen oder eine erhebliche Willensschwäche.
Hier muss von den Kunden schlüssig dargelegt werden, dass eine solche Ausnutzung einer solchen Lage stattgefunden hat. Ein ledigliches „sich überrumpelt fühlen“ ist grundsätzlich nicht geeignet eine solche Lage zu belegen, vor allem wenn die Beratung eine gewisse Dauer gehabt hat und auch Möglichkeiten für Fragestellungen gegeben wurden.
Coaches aufgepasst: Gemeinsam setzen wir Ihren Anspruch auf Entlohnung durch!
Trotz der positiven Entwicklung der Rechtsprechung ist Vorsicht geboten. Zwar ist mit der Unanwendbarkeit des FernUSG ein wichtiger Meilenstein für die Durchsetzung von Zahlungsansprüchen gelegt worden. Jedoch stehen Coaching Verträge weiterhin im Angriff von Zahlungsunwilligen Kunden. Die gänzlich verschieden gelagerten Entscheidungen der Gerichte zeigen, dass ein endgültiges Aufatmen noch nicht möglich ist. Bei der Beurteilung von Sittenwidrigkeit hängt es stark vom Einzelfall und den vorgebrachten Argumenten ab, wie das Gericht entscheidet. Wir raten daher dringend Ihren Coaching-Vertrag auf angreifbare Lücken zu überprüfen und sich gegebenenfalls rechtlich abzusichern.
von Administrator | Jun 8, 2023 | Allgemein
Auf europäischer Ebene trat im Mai 2022 die Verordnung (EU) 2022/720 in Kraft, welche gemeinhin Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung (Vertikal-GVO) genannt wird. Hierdurch werden vertikale Vereinbarungen zwischen Unternehmen grundsätzlich erlaubt. Es gibt jedoch auch neue Regelungen, die nun explizit verboten sind. Am 1. Juni 2023 endet die relevante Übergangsfrist, sodass die neuen Verbote für sämtliche Verträge gelten. Das neue Vertriebskartellrecht betrifft also viele Online- & MLM-Unternehmen (MLM = Multi-Level-Marketing).
Was ist die Vertikal-GVO?
Die EU-Kommission hat am 10. Mai 2022 ihre Vertikal-GVO erlassen. Im Unterschied zu EU-Richtlinien, welche von den Mitgliedstaaten selbst in nationales Recht umgesetzt werden müssen, gelten Rechtsverordnungen unmittelbar. Die Vertikal-GVO ist also vom Zeitpunkt ihres Erlasses an für alle Mitgliedstaaten verbindlich.
Gekoppelt ist sie an Art. 101 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Hiernach sind bestimmte Vereinbarungen zwischen Unternehmen rechtswidrig, es können dann empfindliche Bußgelder drohen. Nach Art. 101 Abs. 3 AEUV kann die Kommission hiervon jedoch bestimmte Vereinbarungen oder Gruppen ausnehmen – diese sind dann also erlaubt.
Mit der neuen Vertikal-GVO macht die Kommission von genau diesem Recht Gebrauch. Art. 2 Abs. 1 der Verordnung legt fest, dass vertikale Vereinbarungen freigestellt sind, soweit sie vertikale Beschränkungen enthalten.
Vereinbarung, vertikal und Beschränkung: Wichtige Definitionen
Art. 1 Abs. 1 lit. a Vertikal-GVO definiert: „Vertikale Vereinbarung“ ist eine Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise zwischen zwei oder mehr Unternehmen, die für die Zwecke der Vereinbarung oder der abgestimmten Verhaltensweise jeweils auf einer anderen Stufe der Produktions- oder Vertriebskette tätig sind und die die Bedingungen betrifft, zu denen die beteiligten Unternehmen Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen dürfen.
Und in Art. 1 Abs. 1 lit. b Vertikal-GVO heißt es: „Vertikale Beschränkung“ ist eine Wettbewerbsbeschränkung in einer vertikalen Vereinbarung, die unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fällt.
Gekoppelt mit dem bereits erwähnten Art. 2 Abs. 1 Vertikal-GVO bedeutet dies, dass Vereinbarungen, die von diesen Definitionen erfasst sind, grundsätzlich freigestellt werden, obwohl sie eigentlich wettbewerbsbeschränkend wären. Diese Anforderung kann schnell erfüllt sein – im Anschluss ist jedoch zu prüfen, ob bestimmte Ausnahmen von der Freistellung eingreifen.
Gefahr für den Online-Vertrieb
Die Vertikal-GVO stellt aber nicht jede vertikale Vereinbarung frei. Sie zählt bestimmte Vereinbarungen auf, die explizit verboten werden. Und einige davon betreffen Unternehmen, welche im Online-Vertrieb und MLM-Marketing tätig sind.
So zählt Art. 4 Vertikal-GVO bestimmte „Kernbeschränkungen“ auf, die verboten sind. Eine davon ist die Verhinderung der wirksamen Nutzung des Internets zum Verkauf der Vertragswaren oder -dienstleistungen durch den Abnehmer oder seine Kunden. Man darf auch nicht vereinbaren, dass Produkte nur in einem physischen Laden vertrieben werden dürfen. Oder dass Suchmaschinen, Preisvergleichsportale oder der eigene Online-Shop nicht benutzt werden dürfen. Aber es gibt unter gewissen Voraussetzungen, die Möglichkeiten gewissen Beschränkungen doch vertraglich zu gestalten.
Insbesondere sind aber nicht alle Einschränkungen des Online-Vertriebs direkt verboten. So sind Beschränkungen der Online-Werbung, die nicht darauf abzielen, die Nutzung eines ganzen Online-Werbekanals zu verhindern, weiterhin erlaubt.
Daher sind die Network Marketing Unternehmen gut beraten, ihre Vertriebspartnerverträge und AGB prüfen und überabreiten zu lassen. Dies gilt umso mehr, als die tägliche anwaltliche Praxis bei SBS Legal immer wieder aufzeigt, dass sehr viele MLM Unternehmen unzulässige und damit kartellrechtswidrige Klausel verwenden, ohne dass sie dies wissen. Ergänzend anzumerken ist, dass häufig auch in den Wettbewerbsverbotsklauseln und Tätigkeitspflichtklauseln Gesetzesverstöße auffallen, die sich nachteilig für diese Unternehmen der der Direktvertriebsbranche auswirken können.
Übergangsbestimmung ist bereits beendet
Die Vertikal-GVO trat am 1. Juni 2022 in Kraft. Vorher galt noch die VO Nr. 330/2010, also eine andere EU-Verordnung. Die Regelungsbereiche der beiden Verordnungen sind nicht deckungsgleich, es können also Vereinbarungen vorher freigestellt worden sein, die aber von der neuen Vertikal-GVO nicht mehr gedeckt sind.
Um den Übergang nicht zu scharf für alle Unternehmen zu gestalten, hat die Kommission daher mit Art. 10 Vertikal-GVO eine Übergangsbestimmung festgelegt. Bis zum 31.5.2023 verstießen solche Vereinbarungen noch nicht gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV, die vorher vom Bereich der VO Nr. 330/2010 gedeckt waren.
Seit dem 1. Juni 2023 gilt diese Übergangsbestimmung also nicht mehr. Dann stellt alles, was von dem Freistellungsbereich der Vertikal-GVO ausgeschlossen ist, eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung nach Art. 101 Abs. 1 AEUV dar. Es können hohe Bußgelder und teure Verfahren drohen, die unbedingt vermieden werden müssen.
Anpassung der Verträge – Auch für kleinere Unternehmen
Kartellrechtliche Verfahren mit Bußgeldern in Millionenhöhe erwecken manchmal den Eindruck, dass nur große Unternehmen hiervon betroffen sein können. Dies ist jedoch besonders bei der Vertikal-GVO nicht der Fall.
Denn vertikale Vereinbarungen, meist zwischen Herstellern und Lieferanten, können Kernbeschränkungen darstellen – unabhängig von der Größe der Unternehmen. Zwar gibt es in Art. 3 Abs. 1 Vertikal-GVO eine Marktanteilsschwelle. Das bedeutet aber nicht, dass kleinere Unternehmen immer freigestellt wären, nur weil sie die Schwelle nicht erreichen.
SBS LEGAL empfiehlt Ihnen daher, in jedem Fall Ihre Verträge noch einmal zu überprüfen. Dies gilt umso mehr, als die Übergangsfrist nun ausgelaufen ist. Daher sollten alle MLM Unternehmen eine rechtliche Prüfung, auch von den Vereinbarungen, welche vor dem 31. Mai 2022 in Kraft getreten sind, in die Wege leiten. Solche Klauseln, die das neue Vertriebskartellrecht betreffen und somit auch Online-Unternehmen und Vertriebler einschränken, sollten vorab geprüft werden.
Ansonsten drohen Geldbußen
Zur Durchsetzung der kartellrechtlichen Vorschriften bedient sich die EU-Kommission Geldbußen. Dies ist in Art. 103 AEUV geregelt. Sie sollen Unternehmen sowohl bestrafen als auch vor weiteren Verstößen abschrecken.
Die Höhe der Geldbuße richtet sich danach, welchen Jahresumsatz ein Unternehmen durch die Zuwiderhandlung erwirtschaftet hat. Hierbei kann ein Betrag von bis zu 30% des Wertes festgelegt werden. Dabei darf sie 10% des Gesamtumsatzes des Unternehmens jedoch nicht übersteigen. In welche Höhe genau die Buße liegt, hängt von einer Vielzahl genauerer Faktoren im Einzelfall ab.